Eine junge Frau sitzt auf grünem Rasen. Auf ihren verschränkten Beinen hat sie ein offenes Buch und ein Notizheft abgelegt. In das Buch schreibt sie mit einem Kugelschreiber. Die Frau hat braune Haare und trägt ein sommerliches Shirt sowie eine kurze Hose. Wir sehen ihr schräg über die Schulter.

Die Känguru-Apokryphen von Marc-Uwe Kling

Marc-Uwe Kling kann nicht von seinem Känguru lassen.

Wie gewohnt live und ungekürzt liest der preisgekrönte Autor selbst aus seinem neuesten Werk. Soll aus der Trilogie jetzt doch eine Heptalogie werden, weil Kling das Geld ausgeht? Nein. Dieser vierte Band ist keine direkte Fortsetzung der vorangegangenen Bücher. Wie der Autor selbst in der Vorrede erklärt, ist es eine Zusammenstellung einiger seiner unbekannten Erlebnisse mit dem kommunistischen Beuteltier, das bei ihm wohnt. Auch der etwas schwierige Titel wird dankenswerter Weise gleich zu Beginn erklärt. Und warum noch ein Buch? Einfach weil er Lust darauf hatte.

Wie in der Känguru-Reihe ist das Buch in mehrere Kapitel unterteilt, die in der Länge stark variieren. Auf die vorangestellten, falsch zugeordneten Zitate wird hier verzichtet – außer auf Oscar Wilde, der ganz zu Beginn zu Wort kommt. Die kurzen Einzelgeschichten hängen nur grob inhaltlich zusammen. Statt chronologisch zu erzählen, wurden die Kapitel „in eine witzige Reihenfolge“ gebracht. Aufmerksame Hörer*innen finden allerlei Anlehnungen an die anderen Känguru-Bücher und können die Kapitel teilweise sogar ins Zeitgefüge der bisherigen Geschichten einordnen. Neben dem Känguru und dem Kleinkünstler kommen auch alte Bekannte wie Maria (früher „Gott“ genannt), Krapotke und Herta wieder vor.

Das schnapspralinensüchtige Beuteltier wartet mit allerlei verrückten Geschäftsideen auf und plant mithilfe von Praktikanten die Machtergreifung. Eine bisher unbekannte Nebenfigur stellt unterdessen die Freundschaft der WG-Partner auf die Probe.

Marc-Uwe Kling diskutiert unter anderem die drei Stufen zur Verbreitung von Gerüchten, Aufräumvermeidung und wieso jemand Nazi wird. Auch mit politischen Äußerungen hält sich der Autor nicht zurück, diesmal erwischt es besonders die SPD, und auch Trump bleibt natürlich nicht unkommentiert – obwohl es nicht wirklich interessiert, was dieser zu sagen hat.

Kling verliert sich nicht in überflüssigen Details, sondern legt als Ich-Erzähler dem Hörer und den Hörerinnen seine linksorientierten Ansichten klar dar. Für Kenner*innen der bisherigen Werke sind allerdings einige Pointen vorhersehbar, da Kling seinem Stil durchweg treu bleibt.

Trotzdem ist es Kling wieder gelungen, ein tiefsinniges Unterhaltungsbuch zu schreiben und einzulesen, das auch beim vierten oder fünften Mal Anhören nicht langweilig wird. Die Känguru-Apokryphen sind besonders als Hörbuch zu empfehlen, da so die unterschiedlichen Charaktere, Klings Gesangseinlagen und das „Meatboxing“ gut zur Geltung kommen.

Leser*innen und Hörer*innen können das Buch als Anreiz nehmen, sich mit politischen und gesellschaftlichen Themen auseinanderzusetzen, oder es als bloße Unterhaltung genießen. Es ist nicht nötig, die ersten drei Känguru-Bände zu kennen, um die Aporyphen zu verstehen, kann aber helfen, um die ein oder andere Anspielung zu verstehen.

Fazit: 1 von 5 Sternen 2 von 5 Sternen 3 von 5 Sternen 4 von 5 Sternen 5 von 5 Sternen

Marc-Uwe Kling ist es wiederholt gelungen, ein satirisch-witziges Werk zu verfassen, das zum Nachdenken anregt.

Wer die Känguru-Trilogie mochte, wird sicher auch mit dieser Ergänzung glücklich.