Wie man als weniger erfolgreicher Schriftsteller auch was von der Welt sehen kann
Der Pulitzerpreis für Belletristik, eine der begehrtesten literarischen Auszeichnungen unter Schriftstellern auf der ganzen Welt, ging dieses Jahr an Andrew Sean Greer. Der 1970 geborene, US-amerikanische Schriftsteller hat einen Roman über einen weniger erfolgreichen Schriftsteller und dessen verkapptes Liebesleben zu Papier gebracht. Humorvoll, ehrlich und offen schreibt Greer über die Midlifecrisis seines homosexuellen Protagonisten und lässt Leser lachen, leiden und weinen.
Der Deutschlandfunk Kultur nennt es ein „Kammerspiel der Liebe“ – doch ein Kammerspiel ist diese Geschichte keineswegs. Als ein geliebter Expartner die Hochzeitsglocken einläutet, entscheidet Protagonist Arthur Weniger, der Trauung und auch seinem nahenden 50. Geburtstag in die Welt zu entfliehen. Wir folgen Weniger durch zahlreiche Länder der Welt. Von Amerika geht es nach Mexiko über Italien, nach Deutschland, Frankreich, Marokko und schließlich nach Indien. Er nimmt jede Reisemöglichkeit wahr, die sich ihm bietet. Er gibt Kurse, wird zu Preisverleihungen und Podiumsdiskussionen eingeladen und nimmt an Dinnerpartys ebenso teil wie an Wanderungen durch die Wüste. Hauptsache er ist unterwegs.
Es ist der Wunsch, seinem Alter, seinem ausbleibenden Erfolg, seiner absonderlichen Beziehung zur Liebe zu entkommen, kein heldenhaftes Unterfangen. Denn wenn Arthur Weniger eins nicht ist, dann heldenhaft. Er ist zu passiv, zu eitel, zu weltfremd. Er fühlt sich nur in seinem blauen Lieblingsanzug wohl und nutzt die Terra Bänder, die ihn auf jede Reise begleiten nie. Diese Kleinigkeiten sind es, die ihn trotzdem so sympathisch machen. Er stürzt sich von einer kurzen Liebschaft in die nächste, blamiert sich oft bis aufs letzte Hemd. Fauxamis finden sich in jeder Sprache und Arthur Weniger verschonen sie nie. Seine Gedanken schweben oft in solch fremde Welten davon, dass man sich oftmals in der puren Vorstellungskraft des Protagonisten glaubt, fernab von den tatsächlichen Begebenheiten seiner Geschichte. Dieses Gefühl von Realitätsverlust macht die Erzählung so besonders. Kleider sind bunter, Alkohol wirkt schneller und Gespräche werden interessanter.
Wenn sich Mister Weniger an die Vergangenheit erinnert, dann an seine Jahre im Schatten des ausgesprochen berühmten Dichters Robert Brownburn, seinem langjährigem, viele Jahre älteren Liebhaber. Lange ging es für Weniger nicht darum, wie man als Schriftsteller lebt, sondern wie man als weniger erfolgreicher Schriftsteller mit einem erfolgreichen Schriftsteller zu leben hat. Doch nun kann sich Weniger hinter niemandem mehr verstecken. Er tritt selbst auf die Bühnen dieser Welt, die Menschen verspotten ihn zwar, aber oft hat auch er guten Grund zu lachen.