Eine junge Frau sitzt auf grünem Rasen. Auf ihren verschränkten Beinen hat sie ein offenes Buch und ein Notizheft abgelegt. In das Buch schreibt sie mit einem Kugelschreiber. Die Frau hat braune Haare und trägt ein sommerliches Shirt sowie eine kurze Hose. Wir sehen ihr schräg über die Schulter.

Das Mädchen aus dem Norden von Katarzyna Bonda

„Gewalt, Geheimnis, Rache – Der erste Fall für Profilerin Sasza Zaluska“ lautet der etwas abgedroschene Untertitel des Thrillers der polnischen Autorin Katarzyna Bonda. Gewalt, Geheimnis, Rache – das trifft auf so gut wie jeden Thriller zu, den man heute in der nächsten Buchhandlung findet. Auch Saszas kompliziertes Privatleben bedient das typische Klischee jeder Ermittlerfigur: alleinerziehend und trockene Alkoholikerin. Aber gut, eine aalglatte Figur ohne Ecken und Kanten ist nun einmal auch gesichtslos und langweilig, und gesichtslos und langweilig ist das Werk von Bonda ganz und gar nicht:

Sasza Zaluska arbeitet als verdeckte Ermittlerin bei der Polizei, bis sie ihrer Beschäftigung den Rücken zukehrt, um in England ein neues Leben anzufangen. Sie beginnt, an der Huddersfield University in England zu promovieren. Sasza ist alleinerziehende Mutter – der Vater ihrer Tochter Karolina scheint eine Art Tabu-Thema zu sein. In England wird ihr nach und nach aber bewusst, wie wichtig der Kontakt zu ihrer polnischen Familie für ihre Tochter ist. Als Profilerin, die sich auf Werdegänge von Gefängnisinsassinnen spezialisiert hat, kehrt sie 2013 zurück in ihre Heimatstadt Danzig. Dort plant sie, einen Job bei der Bank anzunehmen und mit ihrer Tochter ein geruhsames Leben nah bei ihrer Familie zu führen.

In Danzig angekommen, läuft alles anders als gedacht. Ein neuer lukrativer Auftrag winkt. Ein Mann, der sich als Pawel Blawicki, den Besitzer des Musikclubs Nadel ausgibt, fürchtet um sein Leben und möchte, dass Sasza ein Profil seines potenziellen Mörders erstellt. Trotz Bedenken, nimmt Sasza an und beginnt, Fragen zu stellen. Einen Tag später ist ein Popstar tot und eine Nachtclubmanagerin schwebt in Lebensgefahr. Sasza wird als Profilerin in die polizeilichen Ermittlungen miteinbezogen. Zunächst wird eine ehemalige Mitarbeiterin des Musikclubs verdächtigt, Raubmord begangen zu haben. Doch der Fall scheint komplexer zu sein. Die Ermittlerin steht vor einem unentwirrbar scheinenden Netz aus vergangen familiären Tragödien sowie mafiösen Verstrickungen, die bis hoch in die oberste Chefetage reichen. Jerzy Staron alias „der Elefant“, Danziger Mafiakopf und Drogenboss, hat Banken, Staatsanwälte und Richter in der Hand. Ihm etwas nachzuweisen, ist unmöglich. Sein Neffe Marcin Staron, ein populärer Pastor, weiß ebenfalls mehr, als er preisgibt und Sasza ahnt nicht, wer wirklich ihr Auftraggeber gewesen ist. Pawel Blawicki, der Besitzer des Musikclubs, ist es jedenfalls nicht.

Der Thriller von Katarzyna Bonda überzeugt mit einem undurchschaubaren Plot. Die Auflösung am Ende ist – leider – etwas an den Haaren herbeigezogen. Ein weiterer Wehmutstropfen: Das Buch ist spannend, schafft es aber nicht, fesselnd zu sein. Es fehlen die beliebten, typischen Thriller-Momente: Spannung und Erleichterung im Wechsel. Der typische Nervenkitzel bleibt aus. Ein solider Schmöker – mehr aber auch nicht.

Fazit: 1 von 5 Sternen 2 von 5 Sternen 3 von 5 Sternen 4 von 5 Sternen 1

Wer auf Krimis und einen undurchschaubaren Plot steht, dem wird Das Mädchen aus dem Norden trotzdem gefallen.